Künstliche Intelligenz (KI) trifft immer häufiger Entscheidungen mit realen Konsequenzen, ob bei der Einladung zu Bewerbungsgesprächen, bei der Bewertung von Leistungen oder im Bereich des Marketings.
Doch wenn grundsätzlich korrekte (oder schlimmer: fehlerhafte) Daten zu falschen Entscheidungen führen, stellt sich die Frage: „Wenn ein Algorithmus diskriminiert, ein Chatbot Falschinformationen gibt oder ein automatisierte Entscheidung rechtliche Folgen oder gar einen Schaden für die Betroffenen verursacht?“
Die rechtliche Herausforderung liegt nicht allein in der technischen Autonomie der Systeme, sondern im Umgang mit personenbezogenen Daten. Fehlerhafte oder diskriminierende KI-Entscheidungen verletzen häufig Datenschutzrechte Betroffener, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach der DSGVO.
Daten als Haftungsfaktor
KI-Systeme lernen aus Daten. Die Qualität und Rechtmäßigkeit dieser Daten ist entscheidend. Werden fehlerhafte, veraltete oder unzulässig erhobene Daten verwendet, entstehen nicht nur ethische, sondern auch rechtliche Risiken. Typische Haftungsszenarien sind:
Jedes dieser Szenarien kann zivilrechtliche, datenschutzrechtliche oder aufsichtsrechtliche Konsequenzen auslösen.
Datenschutzrechtliche Haftung nach Art. 82 DSGVO
Die DSGVO sieht in Art. 82 ausdrücklich einen Schadensersatzanspruch für Betroffene vor, wenn ihre Rechte durch eine rechtswidrige Datenverarbeitung verletzt werden. Das bedeutet: Wenn ein KI-System personenbezogene Daten unrechtmäßig verarbeitet oder fehlerhafte Entscheidungen trifft, kann der Verantwortliche haftbar gemacht werden, und zwar unabhängig davon, ob der Fehler technisch oder organisatorisch bedingt war. Die Haftung greift auch dann, wenn der Verantwortliche nicht selbst die KI entwickelt, sondern sie nur einsetzt (siehe auch Begriffsbestimmung zu „Anbieter“ und „Betreiber“ unter EU AI Act (Verordnung zur KI).
Besonders kritisch sind automatisierte Entscheidungen i. S. d. Art. 22 DSGVO: Art. 22 DSGVO schützt Betroffene vor ausschließlich automatisierten Entscheidungen, die rechtliche Wirkung entfalten oder sie erheblich beeinträchtigen. Das betrifft insbesondere:
Beispiel (vereinfacht): Eine Bank nutzt eine KI, um die Kreditwürdigkeit von Kunden zu berechnen. Aufgrund fehlerhafter Datensätze wird ein Kunde fälschlich als „risikoreich“ eingestuft. Er erleidet einen finanziellen Nachteil. Die Bank haftet, weil die KI eine automatisierte Entscheidung mit Personenbezug getroffen hat.
Solche Systeme sind nur zulässig, wenn:
Zudem müssen Verantwortliche sicherstellen, dass:
Diese Pflichten sind nicht bloße Formalitäten. Ihre Missachtung kann Bußgelder und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.
Fehlerhafte KI-Entscheidungen als Datenschutzverletzung
Ein KI-Fehler ist nicht nur ein technisches Problem, sondern kann eine Datenschutzverletzung i. S. d. Art. 4 Nr. 12 darstellen, insbesondere wenn falsche oder unzulässige Datenverarbeitungen stattfinden. Beispiele:
In solchen Fällen besteht eine Meldepflicht an die Aufsichtsbehörde (Art. 33 DSGVO) sowie ggf. eine Benachrichtigungspflicht gegenüber Betroffenen (Art. 34 DSGVO).
Verantwortlichkeit und Zurechnung
Die zentrale juristische Frage lautet also: „Wer ist ‚Verantwortlicher‘ i. S. d. DSGVO, wenn eine KI-Entscheidung fehlerhaft ist?“
Die Antwort hängt von der Einbindung der KI in den Geschäftsprozess ab:
| Rolle | Haftungsrisiko | Beispiel |
|---|---|---|
| Entwickler / Anbieter | haftet für fehlerhafte Software oder unzulässige Datenverarbeitung im Training | Trainingsdaten enthalten unrechtmäßig erhobene personenbezogene Daten. |
| Betreiber / Anwender | haftet für unzulässige Nutzung oder mangelnde Kontrolle | Unternehmen verwendet eine diskriminierende KI im Bewerbungsverfahren. |
| Auftragsverarbeiter | haftet bei Verstoß gegen Weisungen oder mangelnde Datensicherheit | IT-Dienstleister speichert personenbezogene Daten unverschlüsselt. |
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Übergreifend: Datenschutz und Haftungsprävention
Organisatorische Maßnahmen (Auszug)
Die Haftung für KI-Fehler wird in Zukunft zunehmend vom Datenschutzrecht geprägt sein. Nicht der Algorithmus steht im Mittelpunkt, sondern die Verantwortung für die zugrunde liegenden Daten und Entscheidungsprozesse. Unternehmen, die den Datenschutz ernst nehmen, schaffen Rechtssicherheit und sichern sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz. Wer KI verantwortungsvoll einsetzt, senkt nicht nur das Haftungsrisiko, sondern stärkt auch das Vertrauen von Kunden, Partnern und Behörden.
Unsere Leistungen im Bereich KI-Haftung und Datenschutz